Anthropozentrismus: Historische Wurzeln
Verschiedene Autor*innen bewerten die christliche Auffassung, Menschen seien in ihrer Gottebenbildlichkeit (Genesis, 1,26) von allen anderen Wesen grundsätzlich (und nicht nur graduell) verschieden, als einflussreich. In diesem Sinne sei der christliche Glaube eine historische Wurzel des anthropozentrischen, das heißt auf den Menschen konzentrierten, Weltverständnisses.
Von anderer Seite wird dagegen argumentiert, auch der christliche Schöpfungsmythos lege eine gewisse Gleichartigkeit aller "Geschöpfe" nahe, da ihm gemäß der Ursprung aller Lebewesen Gott sei. So weise etwa die Bezeichnung "Mitgeschöpf" in § 1 des Tierschutzgesetzes auf die Verwandtschaft aller Lebewesen innerhalb der Schöpfung hin und impliziere damit auch eine klare Pflicht zur Rücksichtnahme.
Ohne Rückgriff auf die christliche Theologie wurde der moralische Sonderstatus des Menschen (zum Beispiel in der Philosophie der Aufklärung) mit dessen besonderer Vernunftnatur begründet. So führte etwa der französische Philosoph René Descartes (1596-1650) an, der Mensch sei das einzige Lebewesen, das mit einem Geist bzw. einer geistigen Substanz (res cogitans) ausgestattet sei.
Immanuel Kant (1724-1804) hingegen sah den Unterschied zwischen Menschen und Tieren darin, dass nur der Mensch zur Selbstverpflichtung fähig sei und ein am Sittengesetz ausgerichtetes Leben führen könne.