Ethische Aspekte der Biotechnologie
Biotechnologie bezeichnet „die Anwendung von Wissenschaft und Technik auf lebende Organismen, Teile von ihnen, ihre Produkte oder Modelle von ihnen zwecks Veränderung von lebender oder nichtlebender Materie zur Erweiterung des Wissensstandes, zur Herstellung von Gütern und zur Bereitstellung von Dienstleistungen.“ (OECD 2005).
Biotechnologien werden in medizinische (z. B. die Entwicklung neuer Medikamente und Diagnoseverfahren qua Genomsequenzierung), landwirtschaftliche (z. B. genetische Optimierung von Pflanzensorten durch Smart Breeding, für weitere Informationen siehe Blickpunkt Genetisch veränderte Lebensmittel) und industrielle (z. B. Einsatz von Mikroorganismen in verschiedensten Produktionsverfahren) Anwendungsbereiche unterteilt, die spezifische ethische Problemstellungen mit sich bringen.
Ethische Kernthemen sind dabei im medizinischen Bereich u.a. Risiken beim Testen neuer Biotechnologien an menschlichen Versuchspersonen, hohe Kosten bei der Anwendung an zu behandelnden Personen und damit verbundene, auf sozialer Ungleichheit beruhende, Unterschiede bei der medizinischen Behandlung, weitreichende Gefährdungen der Privatsphäre, die sich aus voranschreitenden Möglichkeiten der DNA-Dechiffrierung ergeben sowie die Gefahr des Missbrauchs der neuen Technologien wie etwa für bioterroristische Anschläge. Gängige Forschungspraktiken wie etwa an menschlichen, embryonalen Stammzellen stellen indes eigene kontroverse Themen dar (siehe Blickpunkt Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen).
Allgemeiner bringt die Folgenabschätzung bei biotechnologischen Produkten zahlreiche ethische Herausforderungen mit sich, da sie aufgrund mangelnden Wissens auf einigen Gebieten nicht in jedem Fall möglich ist. Das trifft insbesondere jene Anwendungsfelder, in denen eigenständig lebensfähige Organismen geschaffen werden, die sich aufgrund unvorhergesehenen Verhaltens und selbstständiger Reproduktion der menschlichen Kontrollen entziehen könnten (v.a. im landwirtschaftlichen Bereich), was u. a. weitreichende Umweltproblematiken nach sich ziehen kann. Darüber hinaus wird befürchtet, dass Biotechnologie das Verhältnis von Menschen, anderen Organismen und Technik umkehrt, da Lebewesen zunehmend als modifizierbar und artefakthaft angesehen werden und damit eine weitreichende Objektifizierung erfahren.
Für einen detaillierteren Überblick der einzelnen biotechnologischen Anwendungsbereiche siehe etwa:
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (2005): A framework for biotechnology statistics. Online Version (Englisch)
Kircher, M. / Bott, M. / Marienhagen, J. (2017): Die Bedeutung der Biotechnologie für die Bioökonomie. In: Pietzsch, J. (Hg.): Bioökonomie für Einsteiger. Berlin/Heidelberg: Springer Spektrum, 105–128.
Eine prägnante Übersicht der ethischen Aspekte findet sich etwa bei:
O’Mathúna (2007): Bioethics and biotechnology. In: Cytotechnology 53, 113–119. Online Version (Englisch)
Silverman, E. (2004): The 5 Most Pressing Ethical Issues in Biotech Medicine. In: Biotechnology Healthcare 1 (6), 41–46. Online Version (Englisch)