Therapeutisches Missverständnis

Bei einem sogenannten therapeutischen Missverständnis gehen Proband*innen oder Patient*innen fälschlicherweise davon aus, dass ihre Teilnahme an einer klinischen Studie für sie selbst von unmittelbarem therapeutischen Nutzen ist. Ein therapeutisches Missverständnis stellt ein wesentliches Problem für eine informierte Einwilligung dar, weil der Anlass und die Ziele einer Forschungsstudie zu Unrecht mit dem Anlass und Ziel einer medizinischen Behandlung gleichgesetzt werden. Medizinische Behandlung bzw. Therapie einerseits und klinische Forschung andererseits können sich jedoch signifikant unterscheiden.

Vgl. für eine Definition und Darstellung der hiermit verbundenen ethischen Problemstellungen etwa:

Beauchamp, T. L., & Childress, J. F. (2024). Prinzipien der Bioethik J. Pelger, Übers.; D. Lanzerath & A. Halsband, Hrsg.).Verlag Karl Alber, 226f. https://doi.org/10.5771/9783495998045

Das Problem des therapeutischen Missverständnisses tritt u. A. auch bei der informierten Einwilligung in die Sekundärnutzung von Behandlungsdaten durch Patient*innen auf. So gaben in einer Bereitwilligkeitsstudie fast 60% der Befragten an, dass auch sie selbst von der Weitergabe ihrer Behandlungsdaten an die medizinische Forschung profitieren würden. Diese Annahme war jedoch sachlich unbegründet.

Schickhardt, C., Mehlis, K., Winkler, E. C., & Jungkunz, M. (2024). Zur Ethik der Forschungsnutzung von Patientendaten. Die Onkologie, 30(1), 25-30. https://doi.org/10.1007/s00761-023-01433-7, 28.

Zentrale Ethikkommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten bei der Bundesärztekammer (2023). Bereitstellung und Nutzung von Behandlungsdaten zu Forschungszwecken. Deutsches Ärzteblatt, 120(9), A-409 / B-349, 7. https://doi.org/10.3238/arztebl.zeko_sn_behandlungsdaten2022

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