Interpretation der Vorgaben zu „Risiko” und „Belastung”
Empirische Untersuchungen belegen, dass Vorgaben wie „minimales Risiko” oder „minimale Belastung” unterschiedlich interpretiert werden. Dies betrifft sowohl die ärztlich Behandelnden als auch Mitglieder von Ethik-Kommissionen. Richtlinien und Gesetze lassen diesen Interpretationsspielraum zu. Aus diesem Grund werden diese zunächst abstrakten Grenzziehungen zunehmend anhand klinischer Beispiele konkretisiert und mit Empfehlungen verbunden. Radenbach / Wiesemann schlagen vor, entsprechend dem Arzneimittelgesetz zwei Stufen von Risiko und Belastung voneinander abzugrenzen: „Minimales Risiko” und „mehr als minimales Risiko” sowie „minimale Belastung” und „mehr als minimale Belastung”. Die Aufnahme von Interventionen in die Risiko-Kategorien richtet sich nach medizinischen Faktoren, die Einordnung in die Belastungs-Kategorien dagegen bezieht sich auf die konkreten Auswirkungen, die die Intervention auf das Kind hat – etwa wird die Frage nach möglichen Schamgefühlen oder anderer Beeinträchtigungen gestellt. Belastung wird somit als relationaler Begriff verstanden, sie richtet sich nach den subjektiven Empfindungen des Kindes und nicht nach abstrakten, allgemeingültigen Vorgaben. Folglich kann eine Untersuchung zwar mit einem minimalen Risiko verbunden sein, aufgrund ihrer Durchführung für das Kind aber eine mehr als minimale Belastung darstellen.
Radenbach, K. / Wiesemann, C. (2010): Risiko und Belastung als Kriterien der Zulässigkeit von Forschung mit Kindern und Jugendlichen.In: Marckmann, G. / Niethammer, D. (Hrsg.): Ethische Aspekte der pädiatrischen Forschung : mit der Dokumentation der 26. Jahresversammlung des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland am 14. und 15. November 2008, 37–50.