Embryospende
Mit dem Begriff der „Embroyspende“ oder auch „Embryoadoption“ wird die freiwillige Weitergabe an Dritte von sogenannten "überzähligen" Embryonen bezeichnet. Diese Embryonen wurden im Rahmen einer reproduktionsmedizinischen Behandlung eines Paares erzeugt, werden von diesem selbst aber nicht für das Herbeiführen einer Schwangerschaft verwendet. Embryonen können dann "überzählig" werden, wenn bspw. medizinische Gründe gegen eine Weiterentwicklung des Embryos sprechen oder aber wenn sich ein Paar gegen weitere reproduktionsmedizinische Behandlungen entscheidet.
Embryospende bzw. -adoption sind nach der deutschen Gesetzeslage nicht abschließend geregelt. Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) enthält zunächst Bestimmungen, welche die Entstehung so genannter überzähliger Embryonen grundsätzlich vermeiden soll. So dürfen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG nur so viele Eizellen in reproduktionsmedizinischen Behandlungen befruchtet werden, wie innerhalb eines Zyklus auf die austragende Person übertragen werden sollen. Kommt es jedoch zu der Situation, dass Embryonen erzeugt wurden, die von den reproduktionsmedizinisch behandelten Personen selbst nicht mehr zum Herbeiführen einer Schwangerschaft genutzt werden sollen, ist eine Embryoadoption nur unter den in § 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG aufgeführten Bedingungen zulässig. Unter anderem darf die Weitergabe eines Embryos nur dann erfolgen, wenn es sich bei der Person, die den Embryo austragen soll, nicht um eine Leihgebärende (Leihmutter) handelt.
Am 04.11.2020 entschied das Bayerische Oberste Landesgericht, dass die Übertragung von Eizellen zum Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft einer Person, von der die Eizelle nicht stammt, auch dann strafbar ist, wenn sich diese Eizelle bereits im 2-Vorkernstadium befindet. Das 2-Vorkernstadium oder 2-PN-Stadium („two-pronuclear state“) liegt vor, wenn das Spermium in die Eizelle bereits eingedrungen, aber noch nicht mit ihr verschmolzen ist. Hintergrund ist der Fall von Mitgliedern des Vereins „Netzwerk Embryonenspende“, denen vorgeworfen wurde, gegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG verstoßen zu haben, demzufolge es strafbar ist „eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt“. Die Mitglieder waren vom Amtsgericht Dillingen am 20.03.2018 in dieser Sache zunächst freigesprochen worden. In den 16 Fällen der Übertragung, in denen die Eizellen bereits zu Embryonen entwickelt waren, wurde die vorhergehende Freisprechung der Mitglieder bestätigt, da dies nicht strafbar ist. Da in den übrigen 17 Fällen der Übertragung die Eizellen noch im 2-Vorkernstadium gewesen waren, wurde diesbezüglich der Revision der Staatsanwaltschaft stattgegeben und der Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht Augsburg verwiesen.
Auf die Durchführung und Regulierung einer Embryospende und anschließenden -adoption sind insbesondere in der Rechtswissenschaft und in der Ethik vielfältige Diskussionen gerichtet. Von Kritiker*innen der gegenwärtigen Regulierung wird zum Beispiel bemängelt, dass die Auswahl der Personen, die den gespendeten Embryo erhalten sollen, unzureichend reguliert ist. Hier gelte es, Diskriminierungsgefahren in den Blick zu nehmen. Hinsichtlich des Wohls der aus einer Embryospende entstehenden Kinder sei ähnlich wie bei Adoptionsverfahren zu klären, wie und in welcher Form Informationen über die genetische Abstammung bereitgehalten werden könnten. Ebenso wird die Differenzierung zwischen Embyro- und Eizellspende stark kritisiert, da diese einen rechtlichen Graubereich darstelle. Wie das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgericht gezeigt hat, ist die Rechtsgrundlage für das Verbot der Eizellspende und die Erlaubnis einer Embryospende nicht eindeutig und daher genauestens zu untersuchen. In ethischer Hinsicht stellt sich darüber hinaus unter anderem die Frage, ob mit der Praxis der Embryospende eine Gefahr einhergeht, Embryonen zu kommerzialisieren.
Weiterführende Hintergründe zu den medizinischen, rechtlichen und ethischen Aspekten der Embryoadoption in Deutschland werden unter anderem hier dargestellt:
Deutscher Ethikrat (2016): Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung. Stellungnahme. Online Version
Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (2019): Stellungnahme. Fortpflanzungsmedizin in Deutschland – für eine zeitgemäße Gesetzgebung. Halle (Saale). Online Version
Taupitz, J. (2020): Rechtliche Regelung der Fortpflanzungsmedizin. In: Beier, K. / Brügge, C. / Thorn, P. / Wiesemann, C. (Hg.): Assistierte Reproduktion mit Hilfe Dritter. Berlin: Springer, 51–67.
Pressemitteilung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zum Urteil zur Strafbarkeit des Auftauens von kryokonservierten 2-PN-Zellen Online Version
Die Koalition der Bundesregierung strebt in ihrem Koalitionsvertrag von 2021 die Legalisierung der Embryonenspende im Vorkernstadium an. Die Möglichkeiten zur Anpassung der rechtlichen Regulation sollen von einer Kommission ausgearbeitet werden.
Der Koalitionsvertrag kann hier eingesehen werden:
Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP): Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Berlin 2021, 117. Online Version
Die Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Akademienunion sprechen sich in einer Stellungnahme von 2021 für die Legalisierung der Spende von Embryonen für die Forschung aus, welche dann eine Alternative zur Embryonenadoption darstellen würde.
Die Stellungnahme findet sich unter:
Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (2021): Stellungnahme. Neubewertung des Schutzes von In-vitro-Embryonen in Deutschland. Halle (Saale). Online-Version