Würde der Kreatur
Der Begriff der "Würde der Kreatur" tauchte zum ersten Mal in einem Werk des dänischen Philosophen und Pfarrers Lauritz Smith im Jahre 1789 auf. In "Über die Natur und Bestimmung der Thiere wie auch von den Pflichten der Menschen gegen die Thiere" schreibt er: "Jedes lebendige Wesen, jedes Thier ist zunächst und unmittelbar seiner selbst wegen da, und um durch sein Daseyn Glückseligkeit zu genießen."
Die Fähigkeit zum Glücksempfinden begründet den Anspruch auf Gerechtigkeit und Würde. Der Würdebegriff Smiths hat allerdings zwei Seiten. Die Würde des Tieres schöpft sich zum einen daraus, dass es ein beglückbares Wesen ist und zum anderen daraus, dass es eine Bedeutung für das Ganze hat, d.h. einen Nutzen für andere Tiere oder Menschen hat. Dies findet sich auch in der geforderten Güterabwägung zwischen den Interessen des Tieres und des Menschen in den schweizerischen Gesetzen wieder.
Auch der Basler Theologe Karl Barth prägte den Begriff in seiner kirchlichen Dogmatik 1945, durch Albert Schweizers "Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben" beeinflusst und nach intensiver Zuwendung des biblischen Schöpfungsbericht (Genesis 1). Barth sprach von einer Würde aller lebenden Kreaturen durch das Geschöpftsein von Gott. Als Kriterium für die Würde gilt für Barth die Fähigkeit zur Eigenbewegung, die ihr Höchstmaß in der menschlichen Willensfreiheit findet. Da auch die Pflanze zur Eigenbewegung befähig ist, spricht er auch Pflanzen eine Würde zu. Dem Menschen kommt zwar am meisten Würde zu, aber gleichzeitig auch mehr Verantwortung den anderen Kreaturen gegenüber.
Heike Baranzke (2002): Würde der Kreatur? Die Idee der Würde im Horizont der Bioethik. Würzburger wissenschaftliche Schriften, Reihe Philosophie, Band 328. Würzburg: Königshausen & Neumann.
Dagmar Richter (2007): Die Würde der Kreatur - Rechtsvergleichende Betrachtungen. Kolloquium zu Ehren von Helmut Steinberger (Mannheim, 26. Januar 2007), ZaöRV/HJIL 67 (2007), S. 319-349. Online Version